Liebe ist etwas, das außerordentlich schwierig ist in Worte zu fassen, da sie mit dem Verstand nicht zu fassen ist, sondern nur mit dem Herzen und der Seele, weil sie flüchtig ist wie Gas. Wer versucht Liebe festzuhalten riskiert, sie schnell entwischen und sterben zu lassen. Eine weitere schlechte Nachricht, die dem einen oder anderen wohl ein Stirnrunzeln hervorbringen wird ist, dass das, was zu 95% unter Liebe verstanden und gelebt wird, leider keine Liebe ist. Beziehungen laufen oft oder meistens nach standardisierten Programmen ab – unbewusst oder bewusst – aber es geht schlussendlich darum, dass man einen Partner hat, nicht mehr alleine und abgesichert ist, seinem biologischen Trieb nachgibt und unsere Art erhält. Die ersten drei Monate sind lediglich ein Hormoncocktail, verantwortlich hierfür vornehmlich das Bindungshormon Oxytocin, das uns wuschig und kontaktfreudig macht und uns die rosa Brille aufsetzt. Über kurz oder lang läuft durch den Absch(l)uss das Programm ‘Arterhaltung´. Der Orgasmus ist das Sahnehäubchen, damit es auch richtig Spaß macht. Der Antrieb sozusagen. Das Benzin.
Und der Ehering symbolisiert die Fessel
Sobald man den ‘richtigen’ Partner hat und sagen kann: “Wir sind in einer Beziehung”, beginnt das Dilemma oder Drama. Von diesem Zeitpunkt an bezieht man sich nur noch auf den Partner, möchte sich gegenseitig absichern, will sich treu sein bis der Tod einen scheidet und damit alles stich -und hiebfest ist, lässt man dies gesetzlich und vor Gott von der Kirche segnen und sichern. So ist man nun für einander bestimmt, vertraglich geregelt, und der Ehering symbolisiert gleich noch die Fessel. Nach einer Weile, wenn die Kinder da sind, das Haus, der Hund und der Fahrzeugpark schleicht sich Routine ein. Man sieht dies aber als normal an, denn es ist halt nun mal so, weil es woanders auch so ist. 95% tun es so, oder würden es vermutlich so tun, denn es wird uns von der Gesellschaft vorgelebt.
Und hinterfragen? Wie unbequem. Denn was 95% machen, wird schon richtig sein. Die Midlifecrisis schleicht sich alsbald ein. Unzufriedenheit gesellt sich dazu. Eine tiefe unbeschreibliche nichtgekannte Sehnsucht, die einen nicht loslässt. Abschütteln kann man sie nur, wenn man sie betäubt mit berauschenden Substanzen, wozu man auch den Kaufrausch zählen muss. Man kauft und konsumiert um zu vergessen und um zu überdecken, was da so leise und immer lauter werdend an die Türe klopft. Unsere Wirtschaft dankt es uns, denn sie wird so herrlich gefüttert. Und die Werbung suggeriert uns gar, dass wenn wir den Brotaufstrich kaufen, unser Sonntag absolut friedlich und harmonisch ablaufen wird und garantiert alle mit einem Lächeln zusammen am großen Esstisch Platz nehmen.
Dabei ist Liebe immer da
Nun wollen wir über die Liebe sprechen, denn das obig beschriebene, hat rein gar nichts mit Liebe zu tun. Liebe kann man nicht haben, nicht besitzen, aber man kann Liebe sein. Liebe fordert nichts, Liebe will nichts, Liebe genügt sich selbst. Voraussetzung hierzu ist das absolut stabile Fundament genannt ‘Selbstliebe’. Mann muss sich soweit auf sich selbst beziehen können, dass man glücklich mit sich alleine ist. Wenn der eigene Himmel, das Zuhause, das Himmelreich in sich gefunden wurde und nach einem Sturm wieder in sich selbst Geborgenheit findet, dann erst ist man würdig und bereit für die Liebe. Dann aber weiß man, dass Liebe nichts mit einem anderen Menschen zu tun hat. Liebe findet immer statt, sie ist immer da, war sie immer und wird sie immer sein. Von Anbeginn der Zeit war sie da. Die Natur offenbart uns reine Liebe. Der einzige, der nicht da war oder ist, ist der Mensch.
Wenn man in der Schwingung der Liebe ist, in diesem süßen, fliegenden, leichten Zustand, den ich als Fluss des Lebens bezeichne, kann man randvoll gefüllt mit Liebe sein. In diesem Zustand muss man nicht von anderen Liebe ‘beziehen’ (beziehen kommt von Beziehung), sondern man ist selbst gefüllt mit Liebe. Weil Liebe immer da ist. Trifft man nun so randvoll mit Liebe auf einen anderen Menschen, der ebenso Liebe ist, kann das stattfinden, was man ‘Hochzeit’ nennt. Wahrlich schwebt man auf einem Plateau und ist verbunden mit etwas Höherem. Und man weiß, man ist angekommen – bei sich. Durch die Verschmelzung mit dem anderen, wird man eins. Eins ist alles, ist ALL. Wenn man die Sexualität als etwas Heiliges ansieht, als Schlüssel zur Verschmelzung mit der Einheit und nicht nur als triebgesteuertes Arterhaltungsprogramm, ist man auf dem Weg.
95% würden zu klammern beginnen, wollen dieses Gefühl des Einsseins konservieren. Sie wollen es für immer haben wollen und wie einen Konsumartikel festnageln. Doch Liebe lässt sich nicht festnageln. Liebe ist flüchtig wie ein Gas. Das ist das, was mit ‘Liebe ist ein Kind der Freiheit’ gemeint ist. Liebe lässt los, klammert nicht, lässt frei und freut sich, immer wieder diese ‘Hochzeit’ feiern zu dürfen, die dem Himmel näher ist als der Erde.
Der Weg dahin führt über die Stille. Dem Alleinsein. Der Selbstliebe.
Quelle: 2012Spirit - Blog & Magazin für Bewusstseinswandel
So bald du einem anderen Menschen erlaubst, dir wirklich nah zu kommen, bist du erneut der Spielball eines Paradox. Du sehnst dich nach Nähe UND Freiheit. Jede deiner Zellen braucht beides. Engsten Kontakt und den Freiraum zum Wachsen. Fehlt die Nähe, gibt es keine Beziehung. Fehlt die Freiheit zu wachsen, beginnst du irgendwann die Beziehung dafür abzulehnen, dass sie dich begrenzt. Oberflächlich sieht es so aus, als wenn immer nur eines wirklich möglich wäre.
Doch wenn du dich dem Paradox hingibst,...
wenn du erkennst, dass du beides existentiell zum Leben brauchst,...
...und dass du nicht bereit bist, auf das eine oder das andere zu verzichten,...
findet dich eine Synthese, die du nicht für möglich gehalten hast.
Du entdeckst die vollendete, stille Freiheit in deiner 100%igen Hingabe an die Nähe. Und du kommst dem anderen näher als nah, in dem du ihn vollständig loslässt und wachsen lässt. In dem du beide Impulse klar und bewusst bejahst, entdeckst du, dass jede deiner Zellen und du selbst und deine Beziehung in einem intelligenten Rhythmus zwischen Zuwendung und Freiheit, Nähe und Wachstum pulsiert.
In dem ihr euch dem Tanz dieser polaren Bedürfnisse bewusst und ehrlich hingebt, erfüllt ihr das dritte existentielle Grundbedürfnis jeder Beziehung: Ihr setzt Extase frei.
Veit Lindau
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